Gibt es einen gerechten Krieg – Preisverleihung anlässlich des 6. Landeswettbewerbs für Latein IV am 23.3.2023 an der IGS Rockenhausen

 

Mit der Frage nach dem gerechten Krieg stand ein Thema im Mittelpunkt der 6. Runde des Landeswettbewerbs für Latein IV, das seit dem 24. Februar 2022 in Europa wieder omnipräsent ist. Als Textgrundlage hatte sich das Team um den Wettbewerbsleiter Hans-Joachim Pütz (Cathrin Boerckel, Julia Glatz, Laura Michels, Simon Scheuba, Benjamin Schönborn und Klaus Sundermann) für einen Auszug aus der Schrift De iure belli ac pacis  des holländischen Philosophen und frühen Aufklärers Hugo Grotius (1583-1645) entschieden. Grotius nähert sich in seinem Text der Beantwortung der Frage an, indem er die antiken Ansätze von Cicero ebenso wie die mittelalterlichen Philosophen wie Molina referiert, die in ihren Antworten auf das Völker- bzw. das Naturrecht rekurrieren (Klausur und Leseliste unter: https://lw-alte-sprachen.bildung-rp.de/landeswettbewerb-latein-iv.html).

Dem Anspruch des Wettbewerbs entsprechend, einen lateinischen Text zu einem aktuellen Thema sprechen zu lassen, war von den Schülerinnen und Schülern in der 3-stündigen Wettbewerbsklausur, der sich in diesem Jahr 36 Schülerinnen und Schüler aus 14 Schulen trotz der zeitgleichen Belastung durch die Abiturprüfung gestellt haben, über die Übersetzung von Grotius hinaus auch gefordert, sich selbst zu der Frage nach dem gerechten Krieg zu positionieren. Um eine Stellungnahme auf einem soliden Fundament zu ermöglichen, war den Schülerinnen und Schülern eine breite Leseliste zur Verfügung gestellt worden.

Klar und differenziert wurde auch bei der Preisverleihung, die dieses Jahr am 22. März an der IGS Rockenhausen stattfand, zur Frage nach dem gerechten Krieg Stellung bezogen. Georg Ehrmann mahnte in seinem Grußwort als Vertreter des Bildungsministeriums, dass die Spezies Mensch im Kampf gegen Krieg, Armut und Klimakrise über sich hinauswachsen müsse und die gegenwärtigen Methoden der Krisenbewältigung bestenfalls als Übergangsmodelle betrachtet werden könnten.

Es ist ein Markenzeichen des Wettbewerbs für Latein IV, die Preisträgerinnen und Preisträger bei der Feier zur Verleihung der Preise selbst zu Wort kommen zu lassen, indem sie die Ergebnisse aus einem Workshop vorstellen, bei dem sie sich kennenlernen und über einen kreativen Zugang eine gemeinsame Position zum Wettbewerbsthema entwickeln können. In diesem Jahr entstanden unter der Leitung von Ann-Kristin Stuppy und gemeinsam mit Lateinschülerinnen und -schülern der IGS Rockenhausen als Produkt des Austauschs zwei sehr beeindruckende Collagen. Bei deren Vorstellung äußerten sie sich dezidiert, indem sie einerseits auf den Widerspruch zwischen dem durch Krieg verursachten Leid hinwiesen und andererseits die Frage in den Raum stellten, was es aus Sicht der Opfer bedeutet, einen Krieg für ungerecht zu erklären.

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Die Preisträgerinnen und Preisträgern sowie Schülerinnen und Schülern der IGS Rockenhausen haben sich in zwei Gruppen in unterschiedlicher Herangehensweise mit dem Thema befasst und zwei Collagen geschaffen und folgendermaßen kommentiert:

Auf die Fragestellung, ob es denn überhaupt einen gerechten Krieg geben könne, scheint die erste, intuitive Antwort stets ein klares „nein“ zu sein. Doch diese Frage hat in Wirklichkeit solch eine Komplexität, dass ihre Beantwortung nicht einfach mit einem einzigen Wort geschehen kann. Unsere Gruppe hat sich verschiedene Antworten von berühmten Denkern zu genau dieser Fragestellung genauer angeschaut. Diejenigen Antworten, die wir als die passendste zu unserem persönlichen Standpunkt zu diesem heiklen Thema angesehen haben, klebten wir auf die Krater eines Bombeneinschlags. Denn vor allem der Krieg in der Ukraine, der unmittelbar in Verbindung zu diesem Thema steht, hat nicht nur im metaphorischen Sinne ein Loch in das Leben der Menschen gerissen, sondern auch im physischen für Zerstörung und Verwüstung gesorgt, was wir mit dem Bombenkrater in unserem Plakat ausdrücken wollen. Die Allgegenwertigkeit dieses Themas zeigt sich auch erneut darin, dass die darin angebrachten Zitate von Platon über Cicero bis hin zum eher neuzeitlichen Machiavelli reichen. In deren Aussagen sammelt sich unser Grundgedanke sehr passend: Ein Angriffskrieg kann nie gerecht sein. Wer aber angegriffen wird und sich deshalb zur Wehr setzt und somit auch zu einem aktiven Kriegsteilnehmer wird, handelt gerecht. So sprach Cicero von einem gerechten Krieg, wenn er der „pro pulsandorum hostium causa“, also der Abwehr der Feinde diente.

Um die Message der kritischen Vorgruppe noch einmal auch in unserem Werk auftauchen zu lassen, haben wir das Zitat Ciceros: „Der ungerechteste Frieden ist immer noch besser als der gerechteste Krieg“ bildlich zum Ausdruck gebracht. Die Brutalität des Kriegs wird mit diversen Blutspritzern und den Opfern auf beiden Seiten der Grenzen veranschaulicht. Dementsprechend kann es auch keinen Sieger in einem Krieg geben, denn die Verluste beider Seiten sind in jedem Fall zu hoch, um eine Seite als solchen bezeichnen zu können. Somit bleibt unser letzter Appell: #stopthewar

(Maurice Schwarz)

Die Gravitas des Themas stand aber keineswegs der guten und feierlichen Stimmung im Wege, zu der die herzliche Gastfreundschaft der IGS Rockenhausen und ihres Schulleiters Dirk Melzer, ebenso wie die musikalische Umrahmung der Feier durch die Orchester-AG der IGS Rockenhausen unter der Leitung von Jens Illichmann und die stets launische lateinisch-deutsche Moderation durch Hans-Joachim Pütz beitrugen. Die vom Bildungsministerium, dem rheinland-pfälzischen Landesverband des Deutschen Altphilologenverbands, dem Philologenverband  und der GEW gestifteten Preise, überreicht von Klaus Sundermann, Hans-Joachim Pütz, Ralf Hoffmann und Rudolf Blahnik, gingen in diesem Jahr an:

Erster Preis: Dana Schoppet, IGS Gerhard Ertl Sprendlingen (Lehrkraft: Andreas Spika)

Zweiter Preis: Maurice Schwarz, IGS Thaleischweiler-Fröschen (Lehrkraft: Felix Hansen) 

Dritter Preis: Justin-Noah Pies, IGS Kastellaun (Lehrkraft: Andreas Englert)

Sonderpreis Übersetzung: Elisa Dreessen, IGS Eisenberg (Lehrkraft: Lukas Jäger)

Sonderpreis Interpretation: Philip Schulte, IGS Auguste Cornelius Mainz-Hechtsheim (Lehrkraft: Nadine Lamparth)

 

Wir gratulieren allen Preisträgerinnen und Preisträgern sehr herzlich.

Dr. Cathrin Boerckel, IGS Stromberg