Dr. Klaus Sundermann, MBWJK:, Vortrag Worms, 03.11.2010

dav-rlp-bericht2010

1. Schülerzahlen

(Säulendiagramm Schülerzahlen )
Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die in Rheinland-Pfalz Latein lernen, hat im Schuljahr 2009/2010 – also dem letzten Schuljahr, aus dem uns die ausgewerteten Angaben vorliegen – gegenüber den Vorjahren erneut zugenommen. In absoluten Zahlen sind seit unserem letzten Treffen im Oktober 2008 rund 5800 Schülerinnen und Schüler dazugekommen.

Zwar relativiert sich der Anstieg etwas durch die ebenfalls gestiegene Gesamtschülerzahl am Gymnasium, macht in der Relation aber immer noch etwa 3½ Prozent aus: ein Zuwachs von 29,2% (Schuljahr 2007/08) bzw. 28,9% (Schuljahr 2008/09) auf 32,5% aktuell.

Erstmals im Erhebungszeitraum (seit 1995) überschreitet dieser Wert die 30%-Marke; er bedeutet, dass nahezu ein Drittel der gymnasialen Gesamtschülerschaft
in Rheinland-Pfalz Latein lernt. Allerdings muss dazu gesagt werden, dass der im Diagramm sichtbare „sprunghafte“ Anstieg vor allem strukturelle Gründe hat: Mit dem Vorziehen der 2. Pflichtfremdsprache von Klasse 7 auf Klasse 6 ist im vergangenen Schuljahr erstmals ein kompletter zusätzlicher Jahrgang für Latein
2 dazugekommen.

Aber es geht ohnehin weniger um Rekordzahlen als um die Kontinuität des Schülerwahlverhaltens für Latein. Seit 15 Jahren bewegt sich unsere Klientel mit großer Stabilität in der Größenordnung von 25-30% der Gymnasialschüler, mit einem leichten Aufwärtstrend seit dem Jahr 2000.

(Detail-Tabelle Schülerzahlen Latein)

Die Einzelanalyse bestätigt auf den ersten Blick, dass der Zuwachs der Lateinschülerinnen und -schüler in Latein 2 festzumachen ist. In den anderen Bereichen sind die Zahlen meist ähnlich wie bisher:

  • in Latein 1 ab Klasse 5,
  • im Grund- und im Leistungskurs,
  • im freiwilligen Grundkurs.

Ausnahme ist Latein 3, also Latein als fakultative 3. Fremdsprache. Der Wahlbereich insgesamt stagniert seit einigen Jahren - im Prinzip seit dem Jahr 2000 - und ist tendenziell rückläufig.

Dagegen zeigte der Pflichtbereich schon 2008/2009, also noch vor den Auswirkungen der 6. Klasse, mit 23,6% das beste Ergebnis seit Beginn der Erhebung (1995), bevor dann der Sprung auf 27,2% erfolgte. Insgesamt ist die Situation, denke ich, recht zufriedenstellend.

(Detail-Tabelle Schülerzahlen Griechisch)

Die Anzahl der Griechisch-Schülerinnen und -schüler ist in der Summe sozusagen identisch (913/916) gegenüber dem Vorjahr. Auch in allen Einzelbereichen liegen die Zahlen so dicht beieinander, dass die Unterschiede unerheblich sind.

Kritisch akzentuiert, könnte man sagen, dass das Griechische in Rheinland-Pfalz am „Boom der Alten Sprachen“ nicht partizipiert hat. Andererseits gab es aber auch keine Einbrüche; in der Gesamtschau gilt festzuhalten, dass es bei der langjährigen Stabilität im Bereich von 0,6-0,8% geblieben ist.

(Säulendiagramm IGS)

An den Integrierten Gesamtschulen haben sich die absoluten Zahlen für Latein in der Summe nur wenig verändert. Zuwächse, die in der Summe rund 50 Schüler ausmachen, gibt es nur im Grundkurs (verpflichtend und freiwillig). Ein Leistungskurs kommt nur vereinzelt zustande; Latein 3 spielt offenbar keine Rolle. Die anteilige Prozentzahl (Lateinschüler im Verhältnis zur Gesamtschülerzahl) ist gegenüber dem Vorjahr um 2 gefallen (von 8,2% auf 6,2%), was sich jedoch leicht aus den aktuellen IGS-Neugründungen erklärt.

Latein wird auch an den bisher 3 Kollegs und 2 Abendgymnasien in Koblenz, Mainz und Speyer gelehrt; hier haben 233 Kollegiaten Latein gewählt, was prozentual (bei leicht rückläufigen Gesamtschülerzahlen) 34,8% entspricht, das zweitbeste Ergebnis in der Jahresstatistik seit 1995.

(Plakat des Philologenverbands)

Dass die Zukunft des Gymnasiums unmittelbar mit dem Lateinunterricht zusammenhängt, hat der Philologenverband Rheinland-Pfalz mit seinem Plakat zum diesjährigen Gymnasialtag unterstrichen. Im Tafelanschrieb entdeckt der Betrachter die Vokabeln für die Verben „lieben“, „besser machen“ und „erfreuen“, neben den Partikeln „auch“ und „weil ja“. Wie auch immer der interpretationsfreudige Philologe nun diese Begriffe miteinander in eine rudimentäre syntaktische Beziehung
bringen möchte – über allem schwebt ein Hauch von Sudoku –, es kann nur auf eine zwar verschlüsselte, aber von Grund auf lateinfreundliche Botschaft hinauslaufen.

2. Leistungs- und Grundkurse

(Schülerzahlen in der MSS)

Für meine Ausführungen zu den MSS-Kursen beschränke ich mich auf das letzte Schuljahr und zeige es Ihnen im Vergleich der Jahrgangsstufen. Die Zahlen betreffen das Gymnasium.

24,9% der Schülerinnen und Schüler in der MSS 11 haben einen Grundkurs Latein belegt, dazu 4,6% einen Leistungskurs. Nach der Jahrgangsstufe 11 reduziert sich die Zahl wie üblich wegen der Latinum-Qualifikation der Latein 2-Kurse, diesmal von rund 30 auf etwa 24% der Jahrgangsstufenschüler, die in 12 und 13 weiter Latein belegen.

Griechisch wurde in der MSS 11 von 0,7% aller Schüler gewählt. Die Zahlen in der Oberstufe bewegen sich im üblichen Rahmen; Sie sehen, dass schon ein einziger zustande gekommener oder ausgefallener Kurs Verwerfungen von 0,1% in der Landesstatistik Griechisch hervorrufen kann.

(Latein- und Griechisch-Kurse in der MSS)

Eingerichtet wurden in der Jahrgangsstufe 11 insgesamt 248 Latein-Grundkurse mit durchschnittlich 17-18 Teilnehmern sowie 83 Leistungskurse mit durchschnittlich knapp 10 Schülerinnen und Schülern. Tendenzen: Grundkurse etwas weniger als im Vorjahr (248/262), Leistungskurse etwas mehr (83/76).

In Griechisch saßen in der Jahrgangsstufe 11 in 15 Grund- und 11 Leistungskursen durchschnittlich 5 Schülerinnen und Schüler. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Anzahl der Grund- und Leistungskurse leicht gestiegen.

3. Gymnasien mit altsprachlichem Profil

Jetzt ein Blick auf die Schulen mit altsprachlichem Profil.

(Liste altsprachliche Gymnasien – 3 Seiten)

Latein als 1. Fremdsprache wird an 23 Gymnasien in Rheinland-Pfalz angeboten, an allen in der Übersicht aufgeführten Schulen. Griechisch wird an 19 Gymnasien unterrichtet, an allen Schulen dieser Tabelle in den ersten beiden Gruppen. Dazu bilden sich erfreulicher Weise auch an einigen nicht-altsprachlichen Gymnasien Griechisch-Lerngruppen im freiwilligen AG- und Grundkursbereich. Insgesamt weist die Statistik hier 66 Schülerinnen und Schüler aus.

(geografische Verteilung altsprachliche Gymnasien)

Im Berichtszeitraum haben sich, was die Schulen mit altsprachlichem Profil betrifft, zwei Änderungen ergeben:

  • Das Otfried-von-Weißenburg-Gymnasium Dahn hat ein Latein 1-Angebot eingerichtet, das in der 5. Klasse neben Französisch 1
    steht. Englisch setzt nach diesem in Rheinland-Pfalz singulärenModell erst in Klasse 6 ein, hier natürlich verpflichtend für alle. Der Latein 1-Zug ist kein altsprachlicher Zug, d.h. die 3. Fremdsprache ist fakultativ; Griechisch wird nicht angeboten.
  • Das Priv. St. Josef-Gymnasium Biesdorf hat als 15. Schule „Latein plus“ eingeführt.

Die Schulen verteilen sich, wie auf meiner Lieblingsfolie zu sehen, folgendermaßen:

(...)

4. Lehrkräfte

Im Schuljahr 2009/2010 gab es an den Gymnasien, IGS, Kollegs und Abendgymnasien in Rheinland-Pfalz 629 hauptamtliche bzw. hauptberufliche Lehrkräfte mit der Lehrbefähigung Latein und 75 mit der Lehrbefähigung Griechisch. Die Zahl liegt für Latein um 43 und in Griechisch um 3 über dem Stand von vor zwei Jahren. Dazu kommen 60 nebenberufliche Lehrkräfte in Latein und 9 in Griechisch.

Der allseits bekannten Mangelfachsituation in Latein wurde auch in den vergangenen zwei Jahren durch reguläre Einstellungen und durch besondere Initiativen begegnet. Wir betrachten jetzt der Reihe nach die getroffenen Maßnahmen:

  • reguläre Einstellungen
  • Seiteneinstieg
  • Weiterbildungslehrgänge

Die Bewerberzahlen und Einstellungen in Rheinland-Pfalz seit 1995 bieten dieses Bild.

(Bewerbungen und Einstellungen – 2 Seiten)

Man kann daran im Wesentlichen ablesen, dass sich die Zahl der Bewerbungen für den Schuldienst und für den Vorbereitungsdienst in den Alten Sprachen immer noch auf niedrigem Niveau bewegt, für Latein gravierender als für Griechisch.

Die Diskrepanz zwischen Bewerbungen und Einstellungen, die im Kontext der Bedarfsituation verwundert, soll im Folgenden beispielhaft erläutert werden. Ich beschränke mich dabei auf die Einstellungen auf Planstellen im Schuldienst.

Zunächst gilt grundsätzlich, dass für die Statistik die zum 1. Februar und zum 1. August eines Jahres vorliegenden Bewerbungen zusammengezählt
werden. Das heißt, dass alle zum früheren Termin nicht Eingestellten, die ihre Bewerbung aufrechterhalten, doppelt gezählt sind. Die große Mehrheit bewirbt sich inzwischen – mit Blick auf die Nachfrage – ausschließlich regional. Mehrfachbewerber, die sich für andere Bundesländer entscheiden, schränken die Kapazität weiter ein; oft stammen sie aus anderen Ländern und präferieren von vornherein die Heimatnähe.

Ich will das Problem jetzt beispielhaft an den Daten konkretisieren, die mir der größte Schulaufsichtsbezirk Neustadt mit Stand von letzter Woche übermittelt hat. Bezugszeitraum ist das Jahr 2010.

  • In Latein gab bzw. gibt es 2010 laut Liste 28 Bewerber, nur 8 stammen aus Rheinland-Pfalz. Von diesen 28 bewarben sich nur 2 landesweit,
    beide waren Bewerber von außerhalb. 14 Bewerber, also genau die Hälfte, wurden eingestellt, einer davon schulscharf. 3 von ihnen haben als weiteres Fach Griechisch. 7 Bewerber, alle nicht aus Rheinland-Pfalz, zogen zurück; von einigen wissen wir, dass sie in andere Bundesländer gingen. 4 Bewerber
    lehnten eine Einstellungsoption aus regionalen Gründen ab bzw. warten auf ein wohnortnahes Angebot. 3 Bewerbungen waren unzulässig. Übrig bleibt niemand.
  • Für Griechisch gab es 9 Bewerber, davon 2 aus Rheinland-Pfalz und alle in Kombination mit Latein, zum Teil noch mit weiterem Fach. Sie sind also Teil der eben aufgeführten Analyse: Die bereits genannten 3 wurden eingestellt, 4 haben zurückgezogen, 2 waren unzulässig.

Das soll genügen, um zweierlei zu verdeutlichen:

  • Es gibt aktuell in Neustadt keine Reserven mehr für die Alten Sprachen
  • Längst nicht jeder, der in der Bewerberstatistik erscheint, ist tatsächlich
    verfügbar für eine Einstellung dort, wo Bedarf besteht.

Seit 2005 wird der Seiteneinstieg für Latein ermöglicht. Einstellungsvoraussetzung ist ein Hochschulabschluss ohne Lehramtsausbildung oder ohne 2. Staatsexamen. Nach erfolgreichem Einstellungskolloquium wird der Seiteneinsteiger in den Schuldienst übernommen und mit ¼ der Unterrichtsverpflichtung für eine 2-jährige pädagogische Zusatzausbildung am Studienseminar freigestellt.

Seit 2005 gab es insgesamt 60 Bewerber für den Seiteneinstieg in Latein. Davon wurden 2005/06 1, 2006/07 2 und 2007/08 3, 2008/09 niemand und 2009/10 7, insgesamt also 13 in fünf Schuljahren, eingestellt.

Für das laufende Schuljahr wurden bisher 12 Bewerber registriert, für die das Verfahren aber erfolglos verlief, sodass es zu keiner weiteren Einstellung gekommen ist.

Die gegenwärtige Einstellungssituation ist also komplex und immer noch angespannt. Dies gilt für Latein wie für viele andere Fächer. Dennoch hat sich die Lage für Latein, wie noch zu zeigen sein wird, deutlich gebessert.

In Griechisch, das im Pflichtbereich ja nur an den 19 altsprachlichen Gymnasien vertreten ist, stehen rechnerisch genügend Lehrkräfte zur Verfügung. Manchmal ergeben sich regionale Verteilungsprobleme, die letztlich in jedem Einzelfall geprüft und gelöst werden müssen.

Ich schließe diesen Punkt mit erfreulichen Nachrichten aus den Studienseminaren. Die Zahl der Ausbildungsplätze für angehende Gymnasiallehrkräfte wurde 2009 um 120 erhöht; dazu wurden Teildienststellen der Studienseminare Koblenz, Trier und Speyer in Altenkirchen, Daun und Landau eingerichtet. 2011 werden weitere 40 Seminarplätze dazukommen, und zwar in Landau, das in eine eigenständige Einrichtung umgewandelt wird. Am neuen Studienseminar Landau wird die zusätzliche Stelle eines hauptamtlichen Fachleiters Latein ausgeschrieben.

An den bestehenden Studienseminaren sind in der Nachfolge der Kollegen Norbert Fuchs und Dr. Ansgar Lenz beide Fachleitungen für Latein/Griechisch nachbesetzt worden: Neue Fachleiter sind in Trier Herr Josef Frisch (Friedrich-Wilhelm-Gymnasium Trier) und in Speyer Herr Jürgen Neutzling (Gymnasium am Kaiserdom Speyer).

5. Weiterbildungslehrgang Latein

(Altersstruktur der Lehrkräfte 2004)

Es liegt nun schon 6 Jahre zurück, dass wir hier in Worms die auf das Fach zukommende Mangelsituation vorausgesehen und diskutiert haben. Sie hat zur Einrichtung des 1. Weiterbildungslehrgangs Latein durch das Bildungsministerium in Zusammenarbeit mit dem IFB (jetzt PL) geführt, dessen 2-jährige Laufzeit vom 1. Februar 2005 bis zum 31. Januar 2007 reichte. Sie sehen hier zunächst noch einmal die Ausgangssituation von 2004 mit der bevorstehenden Pensionierungswelle, die durch die Altersstruktur der Lateinlehrkräfte unser Fach wesentlich härter getroffen hat als andere.

Der 1. Maßnahme folgte der 2. Weiterbildungslehrgang vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Januar 2009, und vor zwei Jahren hatte ich Ihnen an dieser Stelle den 3. Lehrgang angekündigt, der am 1. Februar 2009 begonnen hat und mit den Prüfungen im Januar 2011 enden wird. Lassen Sie es mich gleich vorwegnehmen: Unbeschadet des im bekannten James-Bond-Klassiker aufgestellten Grundsatzes Never Say Never Again ist ein 4. Weiterbildungslehrgang auf absehbare Zeit nicht geplant.

Im Kontext des bundesweit leer gefegten Arbeitsmarktes für Lateinlehrkräftewaren die Kapazitäten des regulären Einstellungsverfahrens in
den vergangenen Jahren begrenzt. Wir haben auch gesehen, dass das Seiteneinsteigerprogramm für Latein nur vereinzelt greifen konnte – 13 Damen und Herren in fünf Jahren. Demgegenüber haben im selben Zeitraum die Weiterbildungslehrgänge deutliche Hilfe gebracht und damit unsere Erwartungen erfüllt. Hier zunächst
die Zahlen:

Im 1. Weiterbildungslehrgang 2005-2007 erwarben landesweit 54 Kolleginnen und Kollegen die Unterrichtserlaubnis für die Sekundarstufe I; 27 von ihnen, also genau der Hälfte, wurde zwischenzeitlich auch die Unterrichtsbefugnis erteilt, die sich nur dadurch unterscheidet, dass sie nicht widerrufen werden kann.

Im 2. Weiterbildungslehrgang 2007-2009 erwarben 34 Lehrkräfte die Unterrichtserlaubnis, von denen bereits 4 die Unterrichtsbefugnis bekommen haben.

38 Lehrkräfte befinden sich in der letzten Ausbildungsphase des 3. Lehrgangs. Zusammengenommen sind damit rund 120 Kolleginnen und Kollegen für den Unterricht in der Sekundarstufe I qualifiziert worden.

Struktur und Inhalte des Weiterbildungslehrgangs sind in der Vergangenheit mehrfach ausgebreitet worden. In aller Kürze: Die 2-jährige Ausbildung, zentral und regional, orientierte sich über Zwischen- und Abschlussprüfungen am Standard der universitären Zwischenprüfung. Die qualifizierten Lehrkräfte unterrichten bereits andere Fächer an den Bedarfsschulen; sie besetzten damit, anders als die Seiteneinsteiger, keine Planstellen. Sie nahmen also nicht künftigen Bewerbern etwas weg, sondern sicherten an den eigenen Schulen den Erhalt des Lateinangebotes insbesondere in der 2. Pflichtfremdsprache, wo statt Latein auch Französisch
gewählt werden kann.

(Blatt 10: Altersstruktur der Lehrkräfte 2010)

Im aktuellen Diagramm sehen Sie nun, wie einerseits die Alterskurve weitergewandert ist und zum anderen der Personalstand ausgebaut wurde. Die Situation für Latein hat sich, perspektivisch betrachtet, deutlich entspannt. Lagen vor zwei Jahren die unmittelbar vor der Ruhestandsgrenze stehenden über 60-Jährigen in Latein mit 10,4% immer noch über dem Durchschnitt aller Fächer von 9,3%, so hat sich dieses Verhältnis jetzt, wie man im Diagramm sofort sehen kann, umgekehrt: Die über 60-Jährigen machen in Latein 8,3% aus und liegen damit deutlich unter dem Durchschnitt aller Fächer von 10,8%. Sie sehen außerdem, dass Latein, was die jüngeren Kolleginnen und Kollegen betrifft, sehr gut aufgestellt ist. Die aktuelle Altersstruktur ist damit in Latein erkennbar günstiger als in fast allen anderen Fächern.

Natürlich sind noch lange nicht alle Probleme der fachbezogenen Unterrichtsversorgung gelöst, und sie stellen sich, auch innerhalb der Schulaufsichtsbezirke,
regional unterschiedlich dar. Nach wie vor werben wir in der Information für das Lehramtsstudium für Latein. Die aktuellen Rückmeldungen aus den Schulaufsichtsbezirken sehen so aus:

  • In Trier ist die Unterrichtsversorgung im Fach Latein abgedeckt.
  • In Koblenz haben noch 9 Schulen (Gymnasien und IGS) Bedarf in Latein gemeldet.
  • In Neustadt habe ich vorhin die Situation analysiert. An mehreren Schulen besteht weiter Bedarf.

Dennoch beschreiben Koblenz und Neustadt die Unterrichtsversorgung in Latein als wesentlich besser als in den vergangenen Jahren. Die Weiterbildungslehrgänge haben damit einen wesentlichen Beitrag zur flächendeckenden Unterrichtsversorgung in Latein geleistet.

Ihre Teilnehmer sind vor allem durch die Qualität der Lehrgänge, in deren Gestaltung Universität, Studienseminare, Regionale Fachberatung, Fachkolleginnen und Fachkollegen im Dienst und im Ruhestand, der DAV, das PL und das Bildungsministerium zusammenwirkten, hoch motiviert.

Auf ausdrücklichen Wunsch fand vor einem Monat in Speyer zum ersten Mal eine zweitägige Fortbildung nur für die Absolventen der Lehrgänge I und II statt. Mein Dank für diese hervorragende Arbeit gilt abermals an dieser Stelle Herrn Prof. Stephan Busch, der mit hohem persönlichem Einsatz ganz maßgeblich den universitären Input gestaltet hat, und stellvertretend für alle weiteren Kolleginnen und Kollegen Herrn OStD Horst-Dieter Meurer, dem Koordinator der Lehrgänge.

Das Konzept des Weiterbildungslehrgangs hat auch über Rheinland-Pfalz hinaus in anderen Bundesländern Interesse gefunden und, ich denke, manches Lob erfahren. Daraus hervorgegangen ist auch ein Austausch mit dem Forum Alte Sprachen Zürich und dem SAV, ursprünglich angeregt durch Prof. Eigler; die Kontaktpflege hat der DAV RP übernommen, und als Beauftragter wird Herr Dr. Chwalek, der ebenfalls zur Lehrgangskommission gehört, später berichten.

6. „Latein plus“

Das Schulprojekt „Latein plus“ ist seit 2005 als Regelangebot eingeführt und inzwischen in der Stundentafel verankert. Seine Ergebnisse sind in einer 2-bändigen Handreichung des Pädagogischen Zentrums, erschienen 2006 und 2008, dokumentiert. „Latein plus“ ermöglicht allen Schulen mit einem Latein 1-Angebot die
Einrichtung eines 3-stündigen Englisch-Unterrichts ab Klasse 5, der parallel zum 5-stündigen Latein-Unterricht einsetzt und an die IFA Englisch an Grundschulen anknüpfen kann. Von den 23 Schulen, die dieses Modell wählen können - ich habe sie vorhin genannt -, haben es inzwischen 15 umgesetzt.

Das recht groß gewordene Latein plus-Team, das aus jeweils einem Vertreter der Fächer Latein und Englisch von jeder Latein plus-Schule besteht, ist am 24. Juni 2009 zum landesweiten Koordinationstreffen zusammengekommen, das inzwischen in etwas größeren zeitlichen Abständen stattfindet. Schwerpunkte waren „Latein plus“ in der fortgeschrittenen Sekundarstufe I und das Projekt „ELiK – Englisch- und Lateinunterricht in Kooperation“.

Dieses interdisziplinäre Forschungsprojekt wird für die Anglistik von Frau Prof. Sabine Doff, Universität Bremen, und für die Latinistik von Herrn Prof. Stefan Kipf, Humboldt-Universität Berlin, geleitet. Es geht um die Weiterentwicklung des gymnasialen Fremdsprachenunterrichts über den Ansatz einer didaktisch-methodischen Verschränkung des Englisch- und des Lateinunterrichts.

Die Frage eines didaktisch und methodisch abgestimmten – nicht vereinheitlichten! – gymnasialen Sprachunterrichts wird inzwischen auch im Hochschulbereich zunehmend diskutiert und spielte auf dem DAVKongress im April 2010 eine beträchtliche Rolle. Die Rede ist etwa von einer „Didaktik der Mehrsprachigkeit“ oder einem „schulischen Gesamtsprachenkonzept“.

Ich halte es für ganz wichtig, dass sich die Alten Sprachen mit ihrem Potenzial in diese Überlegungen einbringen, der Kairos ist gegeben; denn das Interesse und die Offenheit für eine solche Kooperation war aus Richtung der modernen Fremdsprachen längst nicht immer gegeben.

Wir haben als rheinland-pfälzisches Latein plus-Team dazu etwas zu sagen, und deswegen sind wir für das Projekt ELiK Partner der Universitäten. An der Durchführung dieses Projekts über entsprechende Erhebungen an Schulen haben sich das Rabanus-Maurus-Gymnasium Mainz und das Stefan-George-Gymnasium Bingen beteiligt, teilweise auch das Gymnasium an der Stadtmauer Bad Kreuznach. Wir werden im kommenden Jahr dazu eine weitere Projekttagung durchführen und einen dritten Band der „Latein plus“-Handreichung vorbereiten, in der es nach der Projektdokumentation und den Materialien um didaktischmethodische
Erkenntnisse, auch wissenschaftliche, gehen soll.

7. Neue Rahmenvorgaben im Berichtszeitraum

Mit Beginn des Schuljahres 2009/2010 ist der neue Lehrplan Latein in Kraft getreten. Einige Merkmale in Kürze:

  • Die Lehrgänge Latein als 1., 2. und 3. Fremdsprache werden getrennt präsentiert
  • Für jeden Lehrgang wird die Lernausgangslage beschrieben, d.h. die Ausgangssituation nach den Teilrahmenplänen der Grundschule (für Latein 1) bzw. nach den Lehrplanvorgaben der Orientierungsstufe (Latein 2) oder der Klassen 7 und 8 (Latein 3).
  • Der Lehrplan gibt verbindliche Standards am Ende der Klassenstufen 6, 8 und 10 vor.
  • Die Unterrichtsinhalte sind den Kompetenzen der Kernbereiche Sprache, Text und Kultur zugeordnet, entsprechend der Struktur der EPA. Methodische und personale Kompetenzen sind nicht gesondert aufgeführt, sondern in die Kompetenzbeschreibungen der Kernbereiche integriert.
  • Methodenoffenheit und Methodenvielfalt werden vorausgesetzt. Ziel des Unterrichts ist ein vertieftes Textverständnis.
  • Ausgewiesen werden Formen aktiven Sprachgebrauchs und des kreativen Arbeitens mit Sprache
  • Der Lehrplan enthält Vorschläge für fachübergreifendes und fächerverbindendes Arbeiten, das eingefordert wird.
  • Latein 1 und 2 erreichen im G9 nach Klasse 10 den Latinumsstandard. Sie treten, in der Regel mit einer halbjährigen Anfangslektüre, in Klassenstufe 9/1 bzw. 9/2 in die Lektürephase ein.
  • Gemäß der Latinumsvereinbarung der KMK wird Originallektüre gelesen. Die Lektüre mindestens eines zentralen Autors der römischen Klassik
    (Caesar oder Cicero oder Ovid) ist verbindlich, ebenso die Einbeziehung von Prosa und Dichtung. Innerhalb dieses verpflichtenden Rahmens verbleiben Alternativen, Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten

Unmittelbar nach der Lehrplanarbeit hat die Fachdidaktische Kommission die Anpassungen für G8GTS ausgearbeitet. Im Lehrgang Latein 1 muss im G8 der Latinumsstandard nach Klasse 9 erreicht werden. Dies betrifft unter den 17 G8-Gymnasien zwei, nämlich das Gymnasium Theresianum Mainz und das Gymnasium der Zisterzienserabtei Marienstatt in ihrem altsprachlichen Zug. Für ein altsprachliches G8 ist das Latein plus-Modell verbindlich; die beiden genannten Schulen hatten es ohnehin schon einführt.

Aus den neuen Regelungen zur gymnasialen Oberstufe (LVO vom 21.07.2010 und VV vom 16.06.2010), die zum 1. August 2011 in Kraft treten, will ich zwei herausgreifen, die für Latein besonders relevant sind:

  • Grundsätzlich reicht das Belegen eines fakultativen Fremdsprachenunterrichts ab Klasse 9 als Voraussetzung für den Leistungskurs. Dies ist ein großer Erfolg für Spanisch und Italienisch; für Latein 3 wird es sicherlich bei Ausnahmen bleiben.
  • Die Anlage 1 zur VV, in der alle Regelungen zum Latinum, Großen Latinum und Graecum zusammengefasst sind, enthält erstmals die Maßgaben zum Auslandsaufenthalt für Schülerinnen und Schüler, die zum Erwerb des Latinums dort einen Lateinunterricht fortführen müssen.

Zuletzt ein Überblick über die Rechtsgrundlagen für die alten Sprachen.

(Rechtsgrundlagen - A)

Sie sehen an dieser Übersicht, dass die Grundlagen in Latein und Griechisch fast durchgängig neugefasst sind, viele in den letzten 5 Jahren. Der einzige „Oldie“ unter den Rechtsgrundlagen ist jetzt noch der Lehrplan Griechisch. Hier arbeitet seit August 2009 die Fachdidaktische Kommission unter dem Vorsitz von Herrn Dr. Stephan Flaucher (Albert-Schweitzer-Gymnasium Kaiserslautern); weitere Mitglieder sind Frau Dr. Tamara Choitz (Kurfürst-Salentin-Gymnasium Andernach), Herr Georg Ehrmann (Immanuel-Kant-Gymnasium Pirmasens) und ich.

Frau Dr. Choitz wurde im Berichtszeitraum zur landesweit zuständigen Regionalen Fachberaterin Griechisch berufen. In Latein wurde in der Nachfolge unseres Kollegen Gerhard Gaberdan für den Schulaufsichtsbezirk Koblenz-Nord Frau Dr. Susanne Gippert vom Are-Gymnasium Bad Neuenahr-Ahrweiler berufen. Damit sind alle Stellen in der Regionalen Fachberatung für die Alten Sprachen besetzt.

Verändert hat sich auch, dass inzwischen die Lehrplanarbeit für die Sekundarstufe I weitgehend in der Zuständigkeit der Gymnasialabteilung liegt. Das galt bisher schon für die modernen Fremdsprachen und die alten Sprachen; dazugekommen sind die gemeinschaftskundlichen Fächer, Mathematik, Religion, Ethik/Philosophie und die Naturwissenschaften.

Personelle Verstärkung haben wir für die Sprachen durch Frau Barbara Challe bekommen, die von der Hildegardisschule Bingen teilabgeordnet ist und die Fächer Französisch und Latein vertritt.

(Rechtsgrundlagen B und C)

Kurz noch ein Blick auf die Abitur- und Latinum-/Graecum-Bestimmungen. Von den letzteren war wegen der Ergänzung zum Auslandsaufenthalt schon die Rede. Die gesamte VV ist aktualisiert worden; aufgenommen wurden in separater Übersicht die G8-Regelungen.

Die wesentlichen Rechtsgrundlagen finden Sie auf der Homepage der Gymnasialabteilung des MBWJK unter www.gymnasium.bildung-rp.de. Über das Stichwort Unterricht/Profil gelangen Sie zu Latein und Griechisch; in dieser Rubrik finden Sie auch eine Übersicht über die in Rheinland-Pfalz verwendeten Lehrwerke für Latein mit dem Stand vom 1. Mai 2010. Durch Ihre regelmäßigen Rückmeldungen über neu eingeführte Lehrwerke helfen Sie mir, diese Übersicht aktuell zu halten. Sie ist z.B. nützlich für Absprachen bei der Organisation der Parallelarbeiten.

9. Wettbewerbe

Lassen Sie mich mit Blick auf die fortgeschrittene Zeit zu den Wettbewerben nur kurz anmerken: Sowohl die Sparte Latein und Griechisch im Bundeswettbewerb Fremdsprachen als auch der Landeswettbewerb Alte Sprachen, das Certamen Rheno-Palatinum, erfreuen sich großer Beliebtheit und stabiler Teilnehmerzahlen.

Die Wettbewerbsteams unter den Landeswettbewerbsleitern, Herrn StD Jochen Müller vom Gymnasium Nieder-Olm und Herrn OStR Dr. Hartmut Wilms vom Emanuel-Felke-Gymnasium Bad Sobernheim, leisten hervorragende Arbeit. Darüber wird später noch berichtet werden.

Meine Damen und Herren, auch nach den vergangenen zwei Jahren ziehe ich in der Summe eine zufriedenstellende Bilanz für die Situation der alten Sprachen in Rheinland-Pfalz. Wenn ich noch etwas weiter gehe und von Erfolgsfaktoren spreche, dann sehe ich mindestens zwei. Der erste ist eine gute Teamarbeit im Land durch alle Kolleginnen und Kollegen, die über ihre Schule hinaus in den unterschiedlichen Funktionen und Gremien für unsere Fächer zusammenwirken. Ihnen allen gilt mein besonderer Dank. Zu diesem Team zähle ich auch den Vorstand des DAV-Landesverbandes, der z.B. – zusammen mit den Fachberaterinnen und Fachberatern und der PL-Referentin – die fachbezogene Lehrerfortbildung im Land betreut. Für mich hat sich unsere Zusammenarbeit stets konstruktiv und freundschaftlich gestaltet.

Der zweite Erfolgsfaktor ist motivierender Unterricht. Der punktuelle Einblick,den ich selbst nehmen kann, geschieht beispielsweise über Wettbewerbsbeiträge
und natürlich über die Abiturvorschläge. Ich denke, wir bewegen uns auf gutem Niveau, und ich danke Ihnen, den Lehrerinnen und Lehrern, für Ihre engagierte Arbeit.

HINWEIS: Die im Text aufgeführten Abbildungen finden Sie als Powerpoint-Präsentation

» hier zum Download.